Das Regionalgericht Bern-Mittelland hat am 26. Januar 2024 im Zivilverfahren Natalie Urwyler gegen die Insel Gruppe einen Zwischenentscheid gefällt. Darin hält das Regionalgericht fest:
• Natalie Urwyler wurde bis zu ihrer Freistellung im Jahr 2014 von der Insel Gruppe bezüglich Entlöhnung aus dem Pool privatärztlicher Honorare nicht diskriminiert.
• Natalie Urwyler hätte seit der Freistellung trotz ihrer Abwesenheit zur leitenden Ärztin befördert werden müssen. Wegen dieser Nichtbeförderung sei sie diskriminiert worden.
Das Gericht stellt darüber hinaus fest, dass eine geschlechtsspezifische Diskriminierung während der aktiven Tätigkeit von Natalie Urwyler bei der Insel Gruppe nicht glaubhaft ist. Das diesbezüglich erstellte unabhängige Gutachten wird «als vollständig, in sich widerspruchsfrei und nachvollziehbar» bezeichnet. «Wir setzen uns an der Insel Gruppe seit Jahren stark für die Gleichstellung von Männern und Frauen ein. Dass das Regionalgericht anerkennt, dass Natalie Urwyler in ihrer aktiven Tätigkeit bei uns nicht aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert wurde, ist eine positive Bestätigung unseres Engagements», sagt Nicole Stämpfli, Direktorin Personal.
Für die Insel Gruppe ist aber nicht nachvollziehbar, dass sie als Arbeitgeberin nach der Freistellung von Mitarbeitenden verpflichtet sein sollte, diese auch in Abwesenheit weiter zu befördern. Für die Freistellung 2014 gab es überzeugende Gründe, welche vom Berner Obergericht bereits 2015 bestätigt wurden: Das Vertrauensverhältnis war gestört, was zu einem sehr angespannten und belasteten Arbeitsklima in einem hochsensiblen Bereich führte, in welchem die Sicherheit von Patientinnen und Patienten auf dem Spiel steht. Es ist unverständlich und realitätsfremd, dass freigestellte Arbeitnehmende, welche ein gestörtes Vertrauensverhältnis zu ihren Vorgesetzten aufweisen, Anspruch auf Beförderung haben sollen. Ferner betont die Insel Gruppe: Es gibt in Spitälern auch für aktiv beschäftigte Personen keinen Anspruch auf Beförderung.
Die Insel Gruppe legt deshalb Berufung ein und will das Urteil durch das Obergericht überprüfen lassen. Nicole Stämpfli betont: «Beim Rechtsstreit mit Natalie Urwyler handelt es sich um einen Arbeitsrechtsprozess. Im Kern gab es einen persönlichen Konflikt mit ihrem damaligen Vorgesetzten, der nicht mehr aufzulösen war und schliesslich zur Kündigung von Natalie Urwyler geführt hat. Die Kündigung hatte mit dem Geschlecht von Natalie Urwyler keinen Zusammenhang».
Das äusserst umfangreiche Verfahren hat keine Hinweise für strukturelle Gleichstellungsprobleme an der Insel Gruppe ergeben. Die Tragweite des Entscheids des Regionalgerichts Bern ist zudem gross und kann kaum abschätzbare Auswirkungen auf die gesamte Arbeitswelt haben. Auch aus diesem Grund erachtet es die Insel Gruppe als wichtig, den Sachverhalt von einer zweiten Instanz beurteilen zu lassen.