Die Corona-Pandemie war eine der grössten Herausforderungen für das Schweizer Gesundheitssystem seit Jahrzehnten. Sie belegte eindrücklich die zentrale Rolle der Schweizer Universitätsspitäler in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk aller Leistungserbringenden im Land. Insbesondere bei der Betreuung der intensivpflegebedürftigen Patientinnen und Patienten wäre die Corona-Pandemie ohne die Universitätsspitäler mit ihrem Know-how, ihren spezifischen Kompetenzen sowie ihren Ressourcen und Infrastrukturen nicht zu bewältigen gewesen.
Grosse Belastung und grosse Solidarität
Dank ihrer effektiven Organisation und ihrem spezifischen Know-how – insbesondere bei der Behandlung von Schwerkranken und der Abdeckung des gesamten Therapieangebots – konnten alle Universitätsspitäler rasch, adäquat und flexibel auf die Anforderungen der Pandemie reagieren und der Bevölkerung die benötigten Kapazitäten rechtzeitig zur Verfügung stellen. Die Zahlen sind eindrücklich: Von Januar 2020 bis Ende April 2022 behandelten die fünf Universitätsspitäler 21’890 Covid-Patientinnen und -Patienten stationär, 3’362 davon auf der Intensivstation und weitere 3’861 auf einer Intermediate Care Station.
Die fünf Universitätsspitäler waren zudem wichtige Stützen bei der Umsetzung der nationalen Impfstrategie. Innert kürzester Zeit nahmen sie Covid-Tracks und Impfzentren in Betrieb und führten darin über 1.5 Millionen Tests und 761’000 Impfungen durch. Die Universitätsspitäler trieben zudem die Forschung zu SARS-CoV-2/COVID-19 voran. In den Jahren 2020 bis 2022 lancierten ihre Mitarbeitenden rund 350 Forschungsprojekte zu SARS-CoV-2/COVID-19 und veröffentlichten dazu circa 2000 Artikel.
Nur die Universitätsspitäler können die notwendigen Investitionen in Wissen, Infrastruktur und Weiterbildung in diesem Umfang leisten. Die Belastung führte aber auch dazu, dass spezialisiertes Personal aus anderen Fachgebieten für Corona-Patientinnen und -Patienten beigezogen werden musste und dadurch in ihren angestammten Fachgebieten fehlte. Es liegt nicht zuletzt am engen Zusammenspiel und an der Solidarität zwischen den fünf Universitätsspitälern, dass die Schweiz die Herausforderungen der Pandemie ohne für die Öffentlichkeit spürbare Beeinträchtigungen des Gesundheitssystems bewältigen konnte.
352 Millionen Franken Mehraufwand und 80 Millionen Franken kumulierter Verlust
Die Pandemie hinterliess bei den Universitätsspitälern gravierende betriebswirtschaftliche Spuren. Die fünf Universitätsspitäler trugen die Hauptlast bei der Behandlung der Covid-19-Patientinnen und -Patienten (41.5 Prozent der behandelten Covid-Fälle). Sie erbringen Vorhalteleistungen für unvorhergesehene Ereignisse. Dazu gehört das Rund-um-die-Uhr-Bereitstellen der spezifischen Infrastruktur und des entsprechenden Fachpersonals für die Notfallmedizin, die Intensivmedizin sowie die (hoch-)spezialisierte Medizin.
Diese unverzichtbaren Vorhalteleistungen sind jedoch finanziell ungenügend abgegolten. Allein der Covid-spezifische Mehraufwand für Personal und Sachkosten betrug über alle fünf Universitätsspitäler CHF 352 Mio. Der Ertragsausfall im stationären Bereich belief sich für alle fünf Universitätsspitäler zusammen auf CHF 250 Mio. in den beiden Pandemiejahren 2020 und 2021. Der Betriebsverlust betrug kumuliert CHF 621 Mio. Nur dank der Beiträge der Standortkantone von CHF 541 Mio. konnten diese Verluste ausgeglichen werden – entsprechend verblieb bei den Universitätsspitälern immer noch ein kumulierter Verlust von CHF 80 Mio.
Angespannte und unbefriedigende Personalsituation
Das Personal in den Universitätsspitälern hat während der Pandemie Ausserordentliches geleistet und tut dies immer noch. Die Vertretungen der Spitaldirektionen betonten, das Personal sei bis an und über die Grenzen der Belastbarkeit gegangen. Die Sicherung der Fachkräfte ist eine schwierige Herausforderung. Es droht ein Personalverlust von 10 bis15 Prozent (vor allem in der Pflege). Die Umsetzung der Pflegeinitiative kann Impulse zur Stärkung der Berufsbilder liefern; sie wird aber auch Auswirkungen haben auf die Anstellungsbedingungen und bringt zusätzliche finanzielle Belastungen.
Reformprojekte des Bundes als zusätzliche Belastung
Verwaltung und Politik erkennen die besonderen Leistungen der Universitätsspitäler nicht ausreichend an. Viele laufende Reformprojekte auf Bundesebene verschärfen die Herausforderungen zusätzlich, wie zum Beispiel eine allfällige Kostenbremse (Kostensenkungspaket) oder eine mögliche neue, ambulante Tarifstruktur. Zudem bestehen nach dem Abbruch der Verhandlungen zum institutionellen Rahmenabkommen (InstA) grosse Unsicherheiten in der Forschung (Horizon Europe 2020) sowie bei der Versorgungssicherheit bei Medizinalprodukten.
Universitätsspitäler und ihre Leistungen nicht unnötig gefährden
Die Herausforderungen der letzten zweieinhalb Jahre stärkten den Zusammenhalt der Universitätsspitäler. Bei der notwendigen Umgestaltung der Gesundheitsversorgung darf deshalb nicht vergessen werden: Die Universitätsspitäler sind Garanten für die qualitativ hochwertige Versorgung auch in Krisensituationen und sie haben diese Stärke während der Pandemie bewiesen. Diese zentrale Funktion der Universitätsspitäler darf nicht gefährdet werden. Deshalb muss ihre Finanzierung gestärkt und benötigtes Personal ausgebildet werden.
Die vielen anstehenden Reformen dürfen die Stellung der Universitätsspitäler nicht zusätzlich schwächen. Nur so ist ihre Leistungsfähigkeit als wichtigste medizinische Kompetenzzentren der Schweiz auch in Zukunft gewährleistet.
Die Referierenden an der Medienkonferenz waren:
• Katja Bruni, Stellvertretende CEO und Direktorin Pflege & MTTB des Universitätsspitals Zürich (USZ)
• Philippe Eckert, Prof., Directeur général du Centre hospitalier universitaire vaudois (CHUV)
• Uwe E. Jocham, Dr. med. h.c., Direktionspräsident Insel Gruppe Bern
• Werner Kübler, Dr., Spitaldirektor & Vorsitzender der Spitalleitung des Universitätsspitals Basel (USB)
• Bertrand Levrat, Directeur général des Hôpitaux universitaires de Genève (HUG)
Kontakt für Fragen:
Agnes Nienhaus, Geschäftsführerin Universitäre Medizin Schweiz, Tel. 031 306 93 85 / agnes.nienhaus@ unimedsuisse.ch